Ein Begriff mit viel Interpretationsspielraum
In der Literatur sind Exazerbationen als eine Verschlechterung respiratorischer Symptome wie Dyspnoe, Husten, Sputum und Auswurf als Anzeichen von COPD Akutereignissen definiert, die eine Therapieanpassung erforderlich machen.2 Im Unterschied dazu ist die Wahrnehmung der Patienten über eine akute Beeinträchtigung heterogen. „Nur die wenigsten Patienten kennen den Begriff Exazerbation“, gab der niedergelassene Pneumologe zu bedenken „Geläufiger sind einfachere Beschreibungen wie Infekt, Erkältung, Kurzatmigkeit, Krise, Attacke oder auch neu aufgetretene Atemprobleme.“ Daneben werden vielfach Allgemeinsymptome, wie z. B. Müdigkeit, Abgeschlagenheit, Erschöpfung und Fieber, angeführt.
Die Ursachen einer Akutverschlechterung können vielschichtig sein. Am häufigsten werden sie jedoch durch bakterielle oder virale Infekte verursacht – im Wesentlichen durch Rhino-Viren – oder sind bei 25-50 % der Fälle bakterieller Genese.3,4 Doch nur bei bakteriellen Infektionen ist der Einsatz einer antibiotischen Therapie indiziert.2 Dazu müssen mindestens zwei von drei Kardinalsymptomen wie z. B. die Zunahme der Dyspnoe, Sputumpurulenz und/oder -menge erfüllt sein.5
Häufigkeit und Schwere entscheiden über Progress
Die COPD-Exazerbation stellt einen wesentlichen prognostischen Faktor im Verlauf der Erkrankung dar, denn sie beschleunigt den Verlust an Lungengewebe und führt zu einem sprunghaften, irreversiblen Abfall an Lungenfunktion – Studien sprechen von bis zu 25 %, die durch Exazerbationen verloren gehen.6 „Nach einer Exazerbation erreichen die Patienten oft nicht mehr den Zustand, den sie davor hatten. Und wer einmal exazerbiert, hat eine hohe Wahrscheinlichkeit auf ein Rezidiv“, führte Geßner weiter aus. Während eine leichte Exazerbation in der Regel mit der Erhöhung einer SABA-Selbstmedikation vom Patienten selbst ausreichend behandelt werden kann, werden bei einer mittelschweren Verlaufsform zusätzlich ein systemisches Glukokortikoid und/oder ein Antibiotikum verordnet. Bei schweren Exazerbationen ist zumeist eine stationäre Betreuung erforderlich, wohingegen bei sehr schweren Erkrankungsschüben die Behandlung auf einer Intensivstation oder einer Intermediate Care Unit (IMC-Station) unumgänglich ist.7
Therapiewahl nach klinischem Bild
Neben einer vordergründigen Beschwerdelinderung ist es das vorrangige Ziel, das Risiko für Exazerbationen zu reduzieren und deren Verlauf zu mildern. Dazu kommen folgende Therapie-Optionen zum Einsatz:
Bronchodilatatoren in der Soforttherapie
Für die Akuttherapie einer Exazerbation sind grundsätzlich inhalative den intravenösen Therapien vorzuziehen. Letztere kommen nur dann zum Einsatz, wenn eine Inhalationstherapie unzureichend oder gar unmöglich ist. Gut tolerierte Inhalativa sind kurzwirksame ß2-Agonisten wie Salbutamol (SABA) und kurzwirksame Muskarinrezeptor-Antagonisten (SAMA) in Mono- oder Kombinationstherapie. Inhalative Kortikosteroide sind für den Notfall nicht geeignet. Gleichfalls spielt Theophyllin in der Akuttherapie keine große Rolle. „Es hat die schlechteste bronchodilatative Wirkung bei einem gleichzeitig hohen Nebenwirkungspotenzial“, brachte es Gillissen auf den Punkt. Geßner ergänzte: „Niedrigdosiertes Theophyllin reduziert zwar Exazerbationen, jedoch ohne positiven Effekt auf die Lungenfunktion, weshalb kurzwirksame Bronchodilatatoren vorzuziehen sind.“
Antibiotika
Bei Patienten mit hoher Wahrscheinlichkeit eines bakteriellen Befalls – als klinischer Parameter gilt hier die Purulenz des Auswurfs – ist ein Therapieversuch mit einem Antibiotikum über 5-7 Tage gerechtfertigt (Abb. 2). „Das beliebteste Antibiotikum des Hausarztes ist Cibrofloxazin. Zur Exazerbationsprophylaxe besser geeignet ist im Rahmen einer Primärtherapie jedoch Moxifloxazin. Die Wahl einer geeigneten Antibiose ist aber aus meiner Erfahrung dem Hausarzt grundsätzlich schwer zu vermitteln“, analysierte Geßner. Weisen Patienten weder Purulenz, noch Entzündungszeichen auf, ist die Notwendigkeit einer Antibiose nicht gegeben.7